Der Johanniterorden in Hemmendorf
Jahrhundertelang war der Ort ein „geistlicher Zwergstaat“, eine dörfliche Residenz des Johanniterordens am Fuße des Rammerts im Krebsbachtal.
Dieser Ritterorden, der nach seinem späteren Sitz auch Malteserorden genannt wird, hatte sich die Befreiung Jerusalems und des Heiligen Landes von den „Ungläubigen“ auf seine Banner geschrieben. 1258 wird die hiesige Niederlassung der Johanniter (Kommende) erstmals erwähnt, die frühmittelalterliche Besiedlung des Dorfes reicht bis in das 7. Jahrhundert zurück. Der Ortsname wird um das Jahr 1100 erstmals schriftlich überliefert. Das Dorf hatte in frühmittelalterlicher Zeit einen eigenen Ortsadel, der jedoch Ende des 13. Jhs. verschwand.
Zu diesem Geschlecht zählte auch Hug von Hemmendorf, von dem überliefert ist, das er um 1100 eine Reise nach Jerusalem unternahm. Die Johanniterkommende, an deren Spitze ein Komtur stand, prägte seit dem 13. Jh. das dörfliche Leben der Gemeinde, denn sie besaß das Dorf mit allen Rechten. Die Komture, in deren Händen auch die hohe Gerichtsbarkeit lag, sind seit 1281 namentlich nachweisbar.
Sie entstammten zum großen Teil bedeutenden Adelsfamilien des damaligen Reiches. Vom berühmtesten Hemmendorfer Johanniter, Augustin von Mörsberg und Belfort (Komtur zwischen 1587 – 1605) liegt eine Autobiographie seines bewegten Lebens vor.
Das dreiflügelige Johanniter-Schloss von 1790/91, das südlich an die gotische Pfarrkirche St. Johannes Baptist angrenzt, dient heute u. a. als Schulhaus. Das Schloss der Komture war früher ummauert, der Bau der 1894 fertiggestellten Straße nach Bodelshausen zerstörte jedoch den geschlossenen Schlossbezirk, befreite freilich das Dorf etwas aus seiner verkehrsfernen Lage. Auch die Bauten des zur Komturei gehörenden landwirtschaftlichen Gutes verschwanden nach und nach.
1805 kam der Johanniterort unter württembergische Staatshoheit (1807 Oberamt Rottenburg, 1938 Kreis Tübingen). Seit dem 1. Januar 1972 ist Hemmendorf nach Rottenburg am Neckar eingegliedert.